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Herzlich willkommen bei der
kath. Pfarrei Llica
"Nuestra Señora de la Asunción" Mariä
Himmelfahrt
kath. Pfarrei Tahua "San Juan Bautista" Johannes
der Täufer
Llica/Tahua - Provincia Daniel Campos - Potosí -
Bolivia
Llica März 2007
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17.03.2007
Liebe Oster Rundbriefleser:
Bevor es in Llica bald wieder lebendiger wird, da die
Schulferien zu Ende sind, möchte ich die verbleibende
Zeit nutzen, um von mir wieder einmal hören zu lassen.
Ich hoffe, ihr seid alle soweit wohlauf, was, wie das
Foto zeigt, auch bei mir der Fall ist. Vor Weihnachten
06 war ich von meinem dreimonatigen „Arbeitsurlaub“ in
Deutschland wieder gut nach Llica zurückgekehrt und fand
dort im Pfarrbereich zumindest alles soweit in Ordnung
vor. Dank der Schulferien lief es in der Pfarrei
zunächst ruhig an, was mir das Eingewöhnen erleichterte. |
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Karneval 2007: ganz links
Jorge Luis, ein kubanischer Arzt und neben mir, Dr.
Willy, der Zahnarzt Llicas |
Die Geister werden
beschworen |
Im Rahmen unserer vielseitigen und
offenen Jugendarbeit stand am 18. Januar der
lang geplante Wochenendausflug von "Bayern
Munich" zu einem Sportturnier in die benachbarte
chilenische Stadt Pica an. Wegen der starken
Regenfälle und vieler dadurch unpassierbar
gewordener Strassen, zudem stand der Salar unter
Regenwasser, war zunächst nicht klar, ob unsere
jungen Pfarrsportler alle nach Llica kommen
würden. Schließlich bestand die Pfarrdelegation
dann aber doch aus etwas mehr als 30 Mitgliedern
und es ging an besagtem Tag im Morgengrauen in
einem Kleinbus sowie dem Pfarrauto in Richtung
Grenze los. Im Gegensatz zum Salar von Uyuni
hatte der Salar von Coipasa noch wenig Wasser,
so dass wir gut vorankamen, bis sich der Bus
eben 'mal festfuhr. Mit dem Vierradantrieb des
Pfarr- Toyotas war er aber gleich aus dem
Salzschlamm gezogen. Die Grenzabfertigung
verlief auf beiden Seiten zügig, so dass wir
dann am späten Abend wohlbehalten bei unseren
Freunden in Pica ankamen. Der folgende Freitag
war Badetag am Meeresstrand von Iquique, was am
Pazifik liegt. Da wurde am Strand auch schon
etwas gekickt, wobei eine Hälfte des Spielfeldes
eben im Meer lag. Samstag und Sonntag waren dann
dem Sport gewidmet; Sonntag, versteht sich, erst
nach dem Gottesdienst. Diesen hatte ich in der
Pfarrkirche von Pica zusammen mit unseren
Jugendlichen, die teils auch gute Musiker sind,
übernommen. Der für Pica zuständige Pfarrer
musste so nicht vom 180 km entfernten Iquique
anreisen. Ähnlich wie in Deutschland sind auch
in Chile die Gottesdienstbesucher zumeist ältere
Herrschaften, entsprechend fielen unsere
Jugendlichen angenehm auf. Versteht sich, dass
"Bayern Munich" alle Spiele gewann und wir
wiederum als Meister heimkehrten. Dass ich nach
wie vor noch der Torwart in der 1.
Fußballmannschaft bin, muss eigentlich nicht
eigens erwähnt werden. Schön waren aber auch die
vielseitigen Begegnungen mit chilenischen
Jugendlichen. Mit zu unserer Delegation gehörten
drei Seminaristen aus Potosí. Zwei davon hatten
ihr praktisches Jahr in Llica absolviert, der
dritte, Jorge, arbeitet dieses Jahr hier als
Religionslehrer am Gymnasium und wird auch sonst
in der Pfarrei mitmachen. |
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Karneval in Llica |
Schülerprotest |
Apropos Seminaristen; deren Zahl ist für
die Diözese Potosí rapide gesunken.
Begannen vor ein paar Jahren noch 20 bis
30 Jungs mit dem Vorstudium der
Propädeutik, haben sich in diesem Jahr
gerade ’mal 2 im Seminar angemeldet.
Entsprechend wurde das kleine Seminar in
Potosí geschlossen und die Neulinge
studieren in Sucre.
Trotz des offiziellen Politslogans: "auf zum Sozialismus" und der
vom Erziehungsministerium propagierten "religionsneutralen
Schulausbildung", inzwischen hat’s einen neuen Erziehungsminister,
wurde ich vom Direktor der Lehrerausbildungsstätte "Franz Tamayo"
wiederum zum Ethikunterricht bei den Anfangssemestern eingeladen. Ob
der allerdings stattfinden kann, steht noch in den Sternen
geschrieben. Die Studentengewerkschaft muss dem Ganzen ja auch noch
zustimmen. Und da Direktion und Schülervertretung ein gespanntes
Verhältnis haben, bleibt abzuwarten. Die Studentenvertretung oder
auch Gewerkschaft ist inzwischen recht „ideologisch“ ausgerichtet
und so „radikaler“ geworden. Das Interesse früherer „sindicalistas“
an Projekten zugunsten der Infrastruktur oder einer besseren
technischen Ausstattung der Fachhochschule ist einem „Kritik- und
Kontrolldenken“ gewichen. Dieser Einstellungswandel ist natürlich
nicht förderlich für das Funktionieren des von der Deutschen
Botschaft in La Paz finanzierten Kindergartens auf dem Gelände der
Fachhochschule. Solch eine Einrichtung hat nur Sinn, wenn sie von
vielen mitgetragen wird. Doch darf man bei all den Problemen nicht
den Blick fürs Positive verlieren. So hat mich der Abschlussjahrgang
„Lenguaje y Comunicación“ wiederum zum „Padrino“ seiner „Promoción“
Mitte des Jahres auserkoren, schon x-mal zuvor hatte ich diese
„Ehre“. Das Ganze zeigt jedoch, dass meine Präsens in der
Fachhochschule bei vielen Studenten schon ankommt. Auch haben mir
Pfarrerkollegen aus der Diözese bestätigt, dass aus unserer Normal
hervorgegangene Lehrer mehr mit Religion am Hut haben als solche von
anderen Instituten.
Mit Beginn dieses Semesters hat die Universität von Potosí die
Dienstaufsicht und Verwaltung unserer Lehrerausbildungsstätte ans
Erziehungsministerium zurückgegeben. Viele der neuen Dozenten oder „catedráticos“
sind jetzt Lehrer zwar mit Berufserfahrung, aber ohne akademische
Grundlage, um Studenten zu unterrichten. Das hebt natürlich nicht
gerade das wissenschaftliche Niveau der Fachhochschule. Das „magisterio
sindicalista“ hat zudem immer eine Tendenz hin zum Minimalismus und
fürchtet Wettbewerb wie der Teufel das Weihwasser.
Ende Januar war das Elektrifizierungsprojekt für Llica und Umgebung
feierlich begonnen worden, was noch von den USA mitfinanziert wird.
Zur Feier war auch etwas politische Prominenz aus Potosí angereist
und sogar des Padres Segen erwünscht, allerdings entsprechend der
politischen Großwetterlage an dritter Stelle. Nach politischen Reden
mit der „ch’alla“, einschließlich der obligatorischen Sektflasche,
fand dann die „wilancha“ statt. Es wurde also auf dem Hauptplatz vor
den Augen aller, darunter vieler schaulustiger Kinder, ein Llama
geschächtet und ausgenommen, wichtig dabei ist, die mit dem Herzen
heraus geschnittene Lunge aufzublasen, an deren Verästelungen die „aukis“,
eine Art Schamane, dann die Zukunft ersehen wollen; ja, und zu guter
letzt wurde eben auch der Padre gebeten, ein paar Segensworte zu
sprechen. Versteht sich, dass diese vor dem in den letzten Zuckungen
liegenden Llama recht kurz ausfielen.
Das erste Regierungsjahr des Präsidenten mit Indioabstammung, Evo
Morales, ist zu Ende, in kirchlichen Publikationen sowie Kommentaren
wird es durchweg wie folgt resümiert: Man anerkennt die Erfolge der
Linksregierung in der Revision von Verträgen mit den multinationalen
Konzernen, die bislang im Erdgasgeschäft die Hauptgewinne
eingestrichen haben, an. Das zurück gewonnene Kapital wurde zu einem
Teil auch im Gesundheitswesen und in der Erziehung investiert.
Ebenfalls sei die Regierung sparsamer und die Verwaltung etwas
transparenter geworden. Andererseits beklagt man aber die unter
Morales in der bolivianischen Gesellschaft sehr gewachsene
Polarisierung, die sich schon in blutigen Konflikten wie in
Cochabamba entladen hat: eine Polarisierung zwischen Bolivianern im
Tiefland, dem „oriente“, und denen auf dem Hochland, dem „occidente“,
zwischen Indios und Mestizen, zwischen Stadt und Land. Man spricht
in diesem Zusammenhang sogar von Rassismus. Die sogenannten „sectores
sociales“, bestehend meist aus gewerkschaftlichen Gruppierungen,
wurden von der Regierung zu „außerparlamentarischen“ Wächtern für
die Erneuerung Boliviens berufen. Die von diesen auf der Strasse
organisierten Massen lassen nicht viel Opposition, bzw. anderes
Denken zu. Einer der deutschen Diplomaten der Botschaft in La Paz
wurde kürzlich in der größten Tageszeitung des Landes, „La Razón“,
wie folgt zitiert: „Es sei noch offen, ob Bolivien dem Vorbild
Venezuelas folge oder ein offen ausgeglichenes Staatswesen werde“.
Soviel zur politischen Lage. |
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Einer der Täter wird
verklopft |
Taufe bei Bayern Munich |
Auf diesem Hintergrund ist
Pfarrarbeit natürlich schwerer
geworden, weder der Sozialismus
noch der Materialismus legen
bekanntlich viel Wert auf den
Lieben Gott. Als lokal
erschwerende Komponente kommt in
Llica der Drogenhandel hinzu,
der zur Verrohung der darin
Verstrickten führt. Kürzlich war
es zu einer grausamen Gewalttat
an einem 10-jährigen Mädchen
gekommen. Die unter Drogen
stehenden jugendlichen Täter
wurden geschnappt, unter
Anleitung der Ortsautoritäten schwer misshandelt und entkamen nur knapp der
Lynchjustiz. Der Polizeiposten von Llica ist meist nicht besetzt,
und wenn, mit strafversetzten Beamten. Viele haben den Glauben so in
die ordentliche Justiz verloren. Der „Narcotráfico“ macht sich aber
auch beim Sonntagsgottesdienst bemerkbar. Die Zahl der Lliqueños
unter den Gläubigen ist vergleichsweise gering. Vielleicht hat sich
da schon des Padres Meinung herumgesprochen, dass ein im
Drogenhandel Tätiger in der Kirche nichts zu suchen hat.
Doch darf uns das alles als Ortskirche und Pfarrei nicht entmutigen.
Ein größer werdendes Arbeitsfeld stellt eine neue Herausforderung
dar und kann so durchaus bei der Arbeit ermutigen. Gerade bei meinem
Heimaturlaub durfte ich dankbar erfahren, wie viele Freunde, aber
auch sonst eigentlich Unbekannte, an meiner Pfarrarbeit in Llica
Interesse gefunden haben und diese materiell unterstützen. Diesen
allen an dieser Stelle wiederum ein ganz HERZLICHES VERGELT’S GOTT.
Wie schon so oft gesagt, dank dieser solidarischen Mithilfe gibt es
in Llica bei allem Negativen eben auch eine lebendige Pfarrgemeinde,
die Zeichen von Hoffnung setzt und junge Menschen erfahren lässt,
„dass der Mensch nicht nur vom Brot“ lebt.
Sogar DW-TV, der TV-Kanal der Deutschen Welle, berichtete einige
Male von den schweren Überschwemmungen im tropischen Teil Boliviens
als Folge des Wetterphänomens „El Niño“. Im Hochland hat es hingegen
recht wenig geregnet. Zum ersten Mal seit vielen Jahren konnte ich
sogar im Februar auf einem beinahe trockenen Salar zum Einkaufen
nach Uyuni fahren.
Und schließen möchte ich mit einem Anekdötchen zum „österlichen
Lachen“, was früher ja ein Anliegen der Osterpredigt war: Kurz vor
09:00 Uhr stehe ich an einem Mittwoch, natürlich in der Fastenzeit,
vor am Kirchtor versammelter Schüler- und Lehrerschaft, die sich zum
Jubiläumsgottesdienst der Grund- und Hauptschule diesmal besonders
zahlreich eingefunden hat, mit der Eisensäge in der Hand und
versuche das Schloss zu öffnen. Der Grund war, dass mein sonst
eigentlich recht frommer und verlässlicher Seminarist Jorge die
Kirchenschlüssel am Abend zuvor mitgenommen hatte und am Morgen
nicht aus einem totenähnlichen Schlaf zu klopfen war. Sein bester
Freund hatte am Abend zuvor eben Geburtstag gefeiert. Noel, der
Katechet, lag, das der Vollständigkeit halber, auch im Bett,
allerdings grippekrank. Nun, schließlich kamen wir in die Kirche.
Mein Problem war dann nur, mich auf die heilige Handlung
einzustimmen. Für die Kinder und Jugendlichen war’s hingegen, dank
des Präludiums, zweifellos einer der dynamischsten Gottesdienste.
Liebe Freunde, ich wünsche euch allen noch eine fruchtbringende
österliche Bußzeit, der dann ein FROHES und GESEGNETES OSTERFEST
folgen möge. Mit herzlichen Grüssen und in Dankbarkeit |
zu meinen neuen Seiten
Direcciones:
P. Dietmar Krämer, Casilla 194, Tupiza,
Bolivien
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Die Pfarreien Llica und Tahua gehören zur Diözese Potosí in Bolivien, dessen Bischof MONS. Ricardo Centellas ist. |
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