Padre Dietmar Kraemer Himno Nacional de Bolivia
 


Herzlich willkommen bei der
kath. Pfarrei Llica "Nuestra Señora de la Asunción" Mariä Himmelfahrt
kath. Pfarrei Tahua "San Juan Bautista"
Johannes der Täufer
Llica/Tahua - Provincia Daniel Campos - Potosí - Bolivia

Rundbrief aus Llica Februar 2006

Liebe Missionsfreunde!
Da wir Padrecitos über Karneval normalerweise nicht sehr gefragt sind, habe ich die nötige Zeit, um meine Ostergrüße in den Computer, bzw. aufs Papier zu bringen. Ich hoffe, ihr seid alle soweit wohlauf!

Auch der Padrecito bleibt ’mal im Dreck stecken …

Was Bolivien in den vergangenen Wochen ’mal kurz ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit gebracht hat, war eben die Wahl von Evo, so sein Kosename, zum neuen Präsidenten Boliviens, und das als „Indio“. Seine Amtseinführung vollzog sich dann Mitte Januar in einer Weise, die seiner Wählerschaft eben gefallen sollte. Priester des Sonnengottes Inti übernahmen diesmal die religiöse Untermalung des Staatsaktes, Kirche war nicht gefragt, und den Amtseid legte er, wie es sich für einen Sozialisten gehört, mit geballter Faust ab. Anzug und Krawatte sind bei Ministern aus den verschiedenen Gewerkschaftsgruppen nun durchweg verpönt. Seine erste Auslandsreise noch vor der Amtseinführung führte ihn nach Kuba, wo er in Fidel Castro, eigentlich ein ausgelaufenes Revolutionsmodell, seinen geistigen Vater grüsste. Nach anfänglichen Verstimmungen mit den USA bemühen sich beide Seiten wieder, zu erträglichen Beziehungen zurückzufinden. Auch das Bolivien der Revolution verschmäht die Dollars nicht. Ja, und an Karneval tanzte seine Exzellenz dann in den Strassen Oruros, der Karnevalshochburg Boliviens, als Clown verkleidet. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, die Gehälter der Regierungsmitglieder, einschließlich seines eigenen, sowie der Abgeordneten herunterzustufen. Sein Vorgänger brachte es auf einen monatlichen Grundgehalt von 3.500 Dollar, er will mit knapp 2.000 Dollar auskommen; das brachte ihm weitere Pluspunkte ein. Ein erster Eindruck ist: Von allem etwas, wobei bei solch einer „bunten“ Regierung mit absoluter Mehrheit im Kongress natürlich auch alles möglich ist. Und da man Wert auf so genannte Basisdemokratie legt, ist Teil des neuen Regierungsstils, dauernd Meinungen, bzw. Entscheidungen zu ändern, entsprechend der Stimmung auf der Strasse. Hauptziele der neuen „sozialistischen“ Regierung sind die Industrialisierung der Kokapflanze, die Verstaatlichung der Ergas- und Erdölvorkommen des Landes sowie die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Letztere wird dann Klarheit darüber bringen, wohin das Land nun wirklich geht.
Diese meine Kommentierung ist natürlich durch die Brille eines „Gringos“ gesehen. Die Mehrzahl der Bolivianer ist indianischer Abstammung und sieht in Evo endlich ’mal einen der Ihren an der Spitze. Ob der Sozialist ist oder Inti Sol, den Sonnengott, bzw. die Pachamama, die Mutter Erde, verehrt, ist nicht von Bedeutung. Wichtig ist für den Campesino, dass es ihm bald ’mal etwas besser geht, und da setzt man eben auf Evo.

In Llica hat die „Revolution“, so eine beliebte Interpretation des Wahlausgangs, den Alltag bislang nicht verändert, auch wenn dank der Studentenschaft an die 75 % für Evo und sein „Movimiento al Socialismo“ gestimmt haben. Am Tag nach der Wahl meinten einige Anhänger der MAS voller Stolz, dass wir hier nun die „Wiege der Revolution“ sind. Kürzlich fuhr ich auf dem Weg zum Militärposten hinter einem „chuto“, also einem illegal von Chile nach Bolivien eingeführten Auto her und sah am Schlagbaum, wie der Fahrer dem Wachposten ein paar Geldscheinchen rausreichte, um dann, Schmuggel hin, Schmuggel her, weiterfahren zu können; also ein Bild wie in alten Zeiten. Eine wirkliche Erneuerung des Landes braucht neben politischen Reformen eben auch bestimmte Änderungen in der Mentalität der Menschen, und da sind wir von der Kirche, denke ich, nach wie vor gefragt.

Mitte Januar war ich mit „Bayern Munich“ in der chilenischen Nachbarstadt Pica zu einem Sporttreff gewesen. Nachdem die nachbarschaftlichen Beziehungen besser geworden sind, können Bolivianer nach Chile und umgekehrt mit dem Personalausweis einreisen. Unter WWW.LLICA-BOLIVIEN.DE findet ihr einen Reisebericht mit Fotos.

Starke Regenfälle haben von Mitte Januar bis Mitte Februar praktisch den ganzen Verkehr in der Provinz lahm gelegt. Gerade für diese Zeit, also um Maria Lichtmess ( Darstellung des Herrn ) herum, hatte ich aber viele Einladungen zu Messfeiern in den Dörfern der Pfarrei erhalten. Und da ich trotz der schlechten Straßenverhältnisse nicht „nein“ sagen wollte, passierte dann, was das Foto links oben zeigt: Der Padre blieb eben auch ’mal im Dreck stecken. Es ging dann zu Fuß weiter. Im besagten Dorf erwarteten mich viele Leute, erstaunt darüber, dass der Padre neuerdings zu Fuß ankommt. Schnell war dann ein Traktor organisiert und mit dessen Hilfe zogen wir das Pfarrauto aus dem Flüsschen. Nach einer Katzenwäsche in einer Hütte vor der Kapelle, denn das Arbeiten in einem Flussbett hinterlässt eben Spuren, begann dann die feierliche Messe. Versteht sich, dass man als Zelebrant nicht mehr ganz so fit war. Aber das gehört eben zum Missionarsleben dazu.

Mein bisheriger Mitarbeiter, der Seminarist Herberth, studiert in Cochabamba Theologie weiter. Für ihn kam vor kurzem Luis Alberto aus Uncía, einem Städtchen im Norden des Departamento Potosí. Er wird den Religionsunterricht am Colegio übernehmen und auch sonst in der Pfarrei mitmachen.

Am Karnevaldienstag, „martes de ch’alla“, wird in ganz Bolivien der Besitz „begossen“

Ich werde vermutlich weiterhin an unserer Fachhochschule im Einführungssemester das Fach „Ethik und Moral“ unterrichten, auch wenn der neue Erziehungsminister zum Besten gegeben hat, dass der Unterricht „entkolonialisiert“ werden muss. Und dabei könnte er ja auch an die Kirche gedacht haben. Das neue Verhältnis von Kirche und Staat ist noch völlig ungeklärt. Die bolivianische Bischofskonferenz hält sich zur neuen Lage zurück, auch wenn der Kardinal von Santa Cruz, Julio Terrazas, kürzlich meinte, dass Bolivien keine neue Ideologie brauche, vielmehr mehr Solidarität unter seinen Bürgern.

Auf dem Gelände der Fachhochschule ist auf meine Initiative hin der Bau eines Kindergartens für den Nachwuchs der Studentenschaft geplant. Unsere 700 Studenten bringen es immerhin auf knapp 80 Kids im Vorschulalter, für die bislang keine Unterbringungs- bzw. Förderungsmöglichkeit besteht. Das Projekt soll größtenteils über den Sozialfond der Deutschen Botschaft in La Paz laufen.

Was gibt es sonst noch zu berichten. Den Bürgermeistern ist in unseren Höhen oft nur ein kurzes Wirken beschert. Nach dem „ley de municipalidad“ können sie nach einem Jahr bereits durch einen anderen Stadtrat ersetzt werden. So wurde kürzlich der ganze Stadtrat einschließlich Bürgermeister in Uyuni „zum Teufel gejagt“. Aber auch der Alcalde von Llica kämpft ums Überleben. Er ist in der Tat nicht sehr dynamisch, aber immerhin freundlich und kommt gelegentlich auch zum Sonntagsgottesdienst. Derweil sein eventueller Nachfolger genauso wenig fähig sein wird, und dazu noch recht herrisch auftritt und mit Kirche überhaupt nichts am Hut hat. Versteht sich, dass ich auf Nummer 1 setze: unfähig, aber fromm.

An Weihnachten haben viele von euch wieder an uns hier gedacht, sei es mit einem lieben Brief, einer Email sowie einem Missionsscherflein. Allen Freunden der Pfarrei „Nuestra Señora de la Asunción“ ein HERZLICHES VERGELT’S GOTT für die bezeugte Solidarität. Dank eurer Mithilfe ist Pfarrleben hier möglich und bezeugt in einer Welt, bestimmt von materieller und geistiger Armut, von Warenschmuggel und Drogenhandel, von Alkoholismus und Sexualisierung, dass „der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern von jedem Worte, das aus dem Munde Gottes kommt“ (Mt 4, 4).

Im Weihnachtsbrief hatte ich schon erwähnt, dass in diesem Jahr mein Silbernes Priesterjubiläum ansteht, welches ich auch in der Heimat etwas „nachfeiern“ möchte, auch wenn es natürlich noch kein Goldenes ist; „sin embargo, algo es algo“. Von Mitte September bis Mitte Dezember werde ich also wieder ’mal in Deutschland weilen. Der Jubiläumsgottesdienst soll am Sonntag, den 22. Oktober 06, um 11:00 Uhr in der Herz Jesu - Kirche in Freiburg stattfinden. Dort habe ich damals meine Primiz gefeiert. Im nächsten Rundbrief, Mitte August, werdet ihr alle, die Freunde Llicas, dazu herzlich eingeladen. 25 Jahre Priester und immer noch mit Freude bei der Arbeit, dafür muss man Gott danken und das darf auch etwas im Freundeskreis gefeiert werden. Mein Primizspruch hat ja auch die Freude zum Thema: „Heute ist ein heiliger Tag zu Ehren des Herrn, unseres Gottes. Seid nicht traurig und weint nicht! Macht euch keine Sorgen; DENN DIE FREUDE AM HERRN IST EURE STÄRKE! ( Neh 8,9b. 10b ). 23 Jahre meines priesterlichen Dienstes habe ich in der Missionskirche gewirkt, darin sah und sehe ich eben mein CHARISMA.

Ich muss zum Schluss kommen. Die lieben Spender zu Weihnachten mögen sich mit einem persönlichen Dankeswort noch etwas gedulden, mir fehlen die Auszüge der Missionsprokur. Ein Brief über den großen Teich braucht derzeit bald drei Wochen. Und sofern ihr ’was von Briefmarken versteht, seid mir nicht böse, wenn ihr auf dem Brief noch eine Weihnachtsmarke vorfindet. Die werden derzeit eben in Uyuni verkauft. Wegen des für kleinere Autos unpassierbaren Salares lasse ich mir die Sachen von Uyuni schicken und die lieben Freunde dort sind eben nicht in allen so beflissen. Zudem habe man auf der Post in Uyuni gesagt: Der Padre freut sich bestimmt über religiöse Motive; nun, Briefmarke ist Briefmarke, wie Evo eben Evo ist. Dafür wurden sie mit viel Hingabe aufgeklebt. Der Student Elias, im 6. Semester, also Abschlusssemester der Lehrerschule, hat zum ersten Mal in seinem Leben, so gestand er mir, Briefmarken geklebt. Was man doch im Pfarrhaus alles lernen kann.

Ich wünsche euch allen kleine Erfolge auf dem Wege der Umkehr und Erneuerung in den Wochen der österlichen Bußzeit und dann ein FROHES und GESEGNETES OSTERFEST!

Mit herzlichen Grüssen und in Dankbarkeit

Ihr Padre Dietmar Krämer

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