Herzlich willkommen bei der
kath. Pfarrei Llica
"Nuestra Señora de la Asunción" Mariä
Himmelfahrt
kath. Pfarrei Tahua "San Juan Bautista" Johannes
der Täufer
Llica/Tahua - Provincia Daniel Campos - Potosí -
Bolivia
Llica
, im September 2004
Liebe
Missionsfreunde!
Mit einem Blick aus dem Fenster
meines Arbeitszimmers möchte ich diesmal meine
Zeilen an euch beginnen. Ich hoffe, ihr seid alle
soweit wohlauf, was ich auch von mir sagen kann.
Doch nun gleich einige Erläuterungen zum
Aufhängerfoto, um eure Neugierde zu stillen. Als
Funkamateur, CP4PG, habe ich vom Hobby her ja immer
mit Antennen zu tun. Das auf dem Foto zu bestaunende
Exemplar steht seit einigen Wochen im Hof des
Pfarrhauses und stellt einen Fernsehsender dar. Keine
Sorge, das ist kein Millionenprojekt, für nicht 'mal
2000 Dollar hat diese Anlage vielmehr ein
befreundeter Radio- und Fernsehtechniker aus Uyuni
zusammengebastelt. Der Sender, mit dem Namen
"PARROQUIA TV" auf Kanal 11, hat 15 W
Sendeleistung und ist im Umkreis von 10 km gut zu
empfangen. Damit hat der traditionelle Kanal 9 des
Bürgermeisteramtes etwas Konkurrenz bekommen. Dank
Kanal 9 haben in Llica aber zumindest schon viele
einen kleinen Fernseher im Hause, bzw. in der
Lehmhütte stehen. Die Idee am Ganzen ist, die recht
einseitige und niveaulose Angebotspalette von Kanal
9, durchweg in Form von "novelas", also
Liebesgeschichtchen, Stories verkrachter Ehen etc.
durch anspruchsvollere Sendungen, auch religiöser
Art, inhaltlich zu bereichern und als Kirche so am
Beginn des 3. Millenniums die zur Evangelisierung
heute eben zur Verfügung stehenden
Kommunikationsmöglichkeiten ohne Angst einzusetzen.
Dazu kommt, dass bei solchen Aktivitäten Jugend eben
gerne mitmacht und eine Pfarrei so
"attraktiver" wird. Dass ich jetzt auch
DW-TV empfangen kann, also etwas Heimat ins Pfarrhaus
kommt, war wirklich nicht der Vater des Gedankens.
Den eigentlichen Impuls zum Ganzen, und das soll
nicht verheimlicht werden, gab Raúl, mein
Religionslehrer. Er ist eben der Medienexperte der
Pfarrei. Anzumerken bleibt, dass in unseren
entlegenen Höhen solche einfachen Sendeanlagen auch
ohne Lizenz oder Genehmigung betrieben werden
können.
Wer meine Rundbriefe
schon länger liest und so mein Wirken hier auf dem
kargen Altiplano Boliviens mitverfolgt, weiß, dass
in Llica als Schulzentrum der ganzen Provinz die
Jugendarbeit eben ein Pfeiler der Pfarrarbeit
darstellt. Neben der traditionellen Jugendpastoral in
Form von Kommunion- und Firmvorbereitung, dem
Religionsunterricht sowie dem Bibelkreis
"MEC", finden Jugendliche, von denen nicht
alle mit Kirche was am Hut haben, weitere
Freizeitangebote im pfarrlichen Sportclub Bayern
Munich sowie in drei Jugendbands für Folkloremusik.
"Bayern Munich de Llica" trat beim
diesjährigen Sportturnier der Provinz, dies für die
Sportfreunde unter euch, leider in die Fußstapfen
des großen Bruders in München. Im Fußball kamen
wir mit Ach und Krach auf den 3. Platz, und das mit
mir als Torwart. Am Erfolgreichsten waren noch die
Pfarrgirls.
Nach einigem Hin und
Her hat sich kürzlich entschieden, dass ich meine
Tätigkeit als "Hobby-Dozent" im Fach Ethik
und Moral an der Lehrerausbildungsstätte "Franz
Tamayo" fortsetze. Dem neuen "Director
Académico", einem Zeugen Jehova, war, man höre
und staune, meine Präsenz an der Schule ein Dorn im
Auge. Doch setzten sich schließlich der
"Director General" sowie die
Schülergewerkschaft durch. Beide sind der Pfarrei
recht wohl gesonnen, bzw. wissen eben unsere
Mitarbeit zu schätzen. Noch mehr wird besagter
"Académico" bald leiden, wenn ich
demnächst die von Studenten auf dem Schulgelände
errichtete Grotte mit einem Figürchen des Hl.
Augustinus einweihen werde. Er soll der Schutzpatron
besagter Institution werden.
Aus Geldmangel wurden
die 160 Studienanfänger der Normal auf nur 2 Kurse
verteilt, was ein pädagogisch sinnvolles Arbeiten
natürlich sehr erschwert. 80 Schüler passen zudem
in kein normales Klassenzimmer rein. Ich bringe die
Meute allerdings gut in der Kirche unter. Natürlich
ist es für die Pfarrei eine große Chance, bei der
Ausbildung von zukünftigen Grundschullehrern
mitmachen zu können. Und dass ich in diesem Jahr
bereits zum zweiten Mal zum "padrino" der
Abschlussklassen gewählt wurde, zeigt, dass ich mich
als Hobby- bzw. "Hilfslehrer" nicht ganz so
ungeschickt anstelle, auch wenn Pädagogik nicht
Hauptfach in meiner Theologenausbildung war. Doch wer
mit Heranwachsenden normal und verständnisvoll
umgehen kann, und mehr erwartet auch hier keiner von
einem Pfarrer, bringt es schon zu was.
Generell lege ich großen Wert auf gute Kontakte zur
Schülervertretung sowie den jeweiligen Präsidenten
der Kurse. Mit beiden Gruppen möchte ich die im
letzten Rundbrief vorgestellte Gewährung von
Stipendien an Studentinnen und Studenten aus armen
Campesino-Familien auch in diesem Semester
fortführen.
Ansonsten geht es an
besagter Fachhochschule fast immer kunterbunt zu
oder, humorvoll gesehen, in gewohnter guter
Unordnung. Die Universität in Potosí kommt ihren
Verpflichtungen nicht nach, zahlt keine oder nur mit
großer Verspätung Gehälter und streicht
Investitionen. Als Folge streiken in regelmäßigen
Abständen die Lehrer und Studenten. Dann soll im
kommenden Jahr das Erziehungsministerium die Aufsicht
und Verwaltung übernehmen, was aber auch schon aus
Geldmangel abgewinkt hat. So wird es wohl um unsere
Lehrerschule mit wachsender Studentenzahl noch
unruhiger werden. Dazu kommt, was ich ja schon
berichtet habe, dass viele Jugendliche in Bruchbuden
hausen, ohne sanitäre Einrichtungen, fließend
Wasser und Elektrizität. Also ein tickendes
Zeitbömbchen.
Mit der vorgestellten
neuen Aktivität im Telekommunikationsbereich sowie
der Fortführung von Stipendien weist die Pfarrei,
denke ich, weiterhin ein ausgewogenes, sinnvolles
"Investitionsprogramm" auf, was für unsere
Menschen Zeichen der Hoffnung setzt und ihnen
Orientierung bieten möchte; alles natürlich im
Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten.
Ansonsten steht bei uns der
Frühling vor der Türe, die Bäumchen im Pfarrhof
und vor der Kirche schlagen aus. Es hat auch schon
geregnet, was für die Jahreszeit ungewöhnlich ist.
Unseren Pfarracker in Pella bestellen wir derzeit, um
dann wieder Saubohnen, Zwiebeln und Knoblauch
anzupflanzen. Auf diesem Stückchen Land arbeiten in
der Pfarrei aktive Jugendliche und verdienen sich so
etwas zum Lebensunterhalt hinzu. Die
"yatiris", eine Art Wahrsager, verkünden
fürs Jahresende eine satte Regenzeit. Das erfreut
die Campesinos, weniger mich, denn so füllt sich der
Salar mit Regenwasser von den Bergen und ich kann
nicht mehr zum Einkaufen ins 180 km entfernte Uyuni
fahren.
Apropos Uyuni, dieses
Städtchen hat sich nach den neuesten Erhebungen zu
einem der Touristenzentren Boliviens gemausert.
Hunderte reisen in diesen Wochen der Hochsaison
täglich an, um den Salar, den Salzsee von Uyuni zu
erleben. Dieser beginnende Massentourismus hat aber
auch seine Kehrseiten. In Uyuni schnellen die Preise
für beinahe alles nur so in die Höhe. Dann führt
er aber auch zu einem Identitätsverlust unserer
Menschen. Nicht wenige geben ihre Felder auf, um im
Tourismusgeschäft schnell zu Geld zu kommen.
Auffällig ist leider auch, dass der Salar sich
zunehmend mit Abfällen und Müll füllt.
Was gibt es sonst noch
aus Llica und Umgebung zu berichten. Das
Patronatsfest der Pfarrei, am 15. August, hatte
wieder viel Volk aus nah und fern, aus den großen
Städten Boliviens, dann aber auch aus dem Norden
Argentiniens und Chiles nach Llica gebracht. Nicht
alle Besucher sind Wallfahrer oder zumindest
anständige Bürger. Llica füllt sich in diesen
Tagen leider auch mit zwielichtigen Gestalten;
Taschendiebe etc. gehören da noch zur besseren
Sorte. Kenner der Drogenszene gaben zum Besten, dass
in diesem Jahr auffällig viel Kokainpaste
umgeschlagen worden sei, und das, teils am
helllichten Tag. Wo bleibt da die Polizei, werden
einige von euch fragen. Nun, die bleibt im 180 km
entfernten sicheren und ruhigeren Uyuni.
Genug der Schauergeschichten, doch sie zeigen euch
eben auch, unter was für Bedingungen hier eine
Pfarrei zu arbeiten versucht.
Zum Schluss noch ein
Blick ins Ländle. In Bolivien ist es wieder etwas
ruhiger geworden, das für Mai von einigen
Oppositionsgruppen herbeigesehnte politisch soziale
Erdbeben war ausgeblieben. Es kam zwar zu den
üblichen Blockaden der Hauptverkehrsstraßen, doch
behielt die Regierung schließlich die Oberhand. Im
Juli fand dann ein Referendum statt, was mit den
reichen Erdgasvorkommen zu machen sei. An dieser
Problematik war die Regierung Gonzalo Sánchez de
Lozada im Oktober 2003 gescheitert und der Präsident
dann nach bürgerkriegsähnlichen Unruhen aus dem
Lande gejagt worden. Die Volksbefragung fiel positiv
für die Pläne der Regierung aus, die so Oberwasser
bekam.
Nebenbei bemerkt, ich bin bei allen Wahlen, sei es
für den Bürgermeister, den Präsidenten oder ein
Referendum stimmberechtigt. Da scheint Bolivien
Deutschland voraus zu sein.
Die Problematik unserer Andenrepublik sehe ich
derzeit darin, dass wir "Weimarer"
Zustände haben. Das heißt, die einst dominierenden
großen Parteien verlieren zunehmend das Vertrauen
der Bevölkerung und im Parlament verbleibt ein
Haufen kleiner Gruppierungen. Dazu verlagert sich die
Politik vom Parlament auf die Straße. Viele
Kandidaten für die anstehenden Bürgermeisterwahlen
im November sind parteilos, bzw. repräsentieren
Interessensgruppen. Der derzeitige Präsident, Carlos
D. Mesa Guisbert, ist ebenfalls parteilos. Immerhin
haben wir in Bolivien (noch) keine Guerilleros wie im
Nachbarland Peru oder in Kolumbien.
Es gebe noch viel
berichten, 2 Kapellen sind vor Wochen ausgeraubt
worden etc. , doch sind die beiden Seiten voll.
Allen lieben Freunden, die meine Arbeit hier mit
ihrem Gebet, einem ermunternden Brieflein, einer
Email sowie einem Missionsscherflein unterstützen,
bzw. erst ermöglichen, möchte ich an dieser Stelle
wiederum ein GANZ HERZLICHES VERGELT'S GOTT sagen.
Was wäre Llica ohne euch! Dank eurer solidarischen
Mithilfe hält sich eine Pfarrei hier am Leben und
kann viele junge Menschen begleiten. Sonst wäre es
hier noch trauriger.
Mit herzlichen Grüssen und in Dankbarkeit
Padre Dietmar Krämer
zu
meinen neuen Seiten
Direcciones:
P. Dietmar Krämer,
Casilla 194, Tupiza, Bolivien